Der Journal-Club beschäftigt sich in dieser Ausgabe mit praxisrelevanten Studien, die auf dem US-amerikanischen Rheumatologenkongress ACR im November 2024 in Washington, D.C. vorgestellt wurden.
Eines der Streitthemen der letzten Jahre in der praxisorientierten Rheumatologie ist die Frage, ob DMARD-Therapien bei geplanten Impfungen pausiert werden sollten. Vor allem die Methotrexat (MTX)-Pause ist immer wieder umstritten: Zwar wurde in mehreren Studien gezeigt, dass Impftiter höher sind, wenn die Substanz nach der Impfung 1-2 Wochen nicht verabreicht wird. Jedoch konnte noch niemand zeigen, ob der höhere Titer auch zu einem besseren Impfschutz führen, mehrfach wurde jedoch gezeigt, dass bei einer Pausierung über eine Woche hinaus vermehrt Schübe der rheumatischen Grunderkrankung ausgelöst werden.
Ist also der Nutzen der MTX-Pause bisher fraglich, so haben drei wichtige Beiträge beim kürzlich in Washington abgelaufenen ACR-Kongress zumindest für drei andere DMARD mehr Klarheit gebracht. Unter kontrollierten Bedingungen wurde untersucht, ob bei COVID-19-Impfung ein Pausieren der Therapie mit Januskinase (JAK)-Inhibitoren und Interleukin (IL)-17-Inhibitoren Sinn macht (1): Die fortgeführte Therapie erbrachte genauso hohe Titer wie zweiwöchiges Pausieren, es wurden aber bei mehr als 30 % der Patienten, die pausiert hatten, neue Schübe ausgelöst. JAK- und IL-17-Inhibitoren sollten also bei Impfungen sicher nicht pausiert werden.
Anders verhält es sich jedoch mit Abatacept: Hier wurden schon in früheren Studien verringerte Impfantworten bei Influenza- und Pneumokokken-Impfung gezeigt, wenn auf eine Pause verzichtet wurde. Jetzt wurde das bei Herpes Zoster-Impfung ebenfalls unter kontrollierten Bedingungen bestätigt. (2) Bei fortgeführter Therapie erreichte kein Patient nach 12 Wochen einen protektiven Impftiter, bei einer Pause von zwei Wochen dagegen alle Patienten. Eine zweiwöchige Abatacept-Pause scheint also bei Impfungen Sinn zu machen, umso mehr als hierdurch neue Schübe noch nicht zu erwarten sind. Ähnlich scheint bei laufender Therapie mit Mycophenolat Mofetil (MMF) eine Pause sinnvoll: In einer weiteren kontrollierten Studie wurden die Auswirkungen von einwöchig pausierter versus fortgeführter MMF-Therapie auf das Ergebnis der Herpes Zoster-Impfung ermittelt (3): Auch hier führte die einwöchige Pause zu einem signifikant höheren Titer nach 12 Wochen, ob dies praktische Folgen hat, muss allerdings in dieser noch laufenden Studie weiter abgeklärt werden.
Die Bedeutung und Auswirkung leichter Nebenwirkungen wie auch die Therapieadhärenz lassen sich durch eine gute und einfühlsame Aufklärung verbessern – gerade bei MTX hat sich das als wichtig erwiesen, hat sich doch in verschiedenen Untersuchungen gezeigt, dass fast ein Drittel der Patienten Probleme mit der zuverlässigen MTX-Einnahme hat. Vor diesem Hintergrund ist eine neuseeländische Studie spannend, die ebenfalls auf dem ACR-Kongress vorgestellt wurde. (4) Randomisiert-kontrolliert wurden Patienten vor dem MTX-Start entweder standardmäßig aufgeklärt oder erhielten zusätzlich ein siebenminütiges sog. Mindset-Interventions-Video, in dem ausführlich u. a. erläutert wurde, dass das Auftreten leichter Nebenwirkungen ein Hinweis auf eine zu erwartende sehr gute Wirksamkeit sei. Das Resultat war verblüffend: Die Non-Adhärenz nach vier Wochen lag in der Videogruppe bei 4,2 % gegenüber 39,1 % bei Standard-Aufklärung, und die Abbruchrate innerhalb von 12 Wochen betrug 8,3 % im Vergleich zu 34,8 %. Vielleicht eine Anregung für uns alle, sich bei der MTX-Aufklärung spezielle Mühe zu geben!?
Praxiszentrum St. Bonifatius
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